Werner Fritz Herbert Joël kommt am 3. Dezember 1900 in Eschwege zur Welt.1 Sein Vater, Dr. Walter Joël, ist Jurist und als als Regierungsassessor und Finanzgerichtspräsident tätig. Vor Werners Geburt ist er vom Judentum zum Protestantismus konvertiert. Er und Werners Mutter, Elisabeth Mantius (ebenfalls evangelisch), leben später in Berlin und haben noch mindestens vier weitere Kinder, die sie alle evangelisch taufen lassen.2
In Hildesheim macht Werner 1918 Notabitur, da er noch in den Ersten Weltkrieg eingezogen werden soll. Dieser endet knapp fünf Jahre später und Werner überlebt.3
In Göttingen, Tübingen, München studiert Werner Medizin, und schließt das Studium 1925 in Berlin ab, wo er 1932 auch promoviert. Seinen Facharzt zum parktischen HNO Arzt macht er in Halberstadt, Essen und Rostock.4 Am letzten Tag des Jahres 1929 heiratet er die Kindergärtnerin Elisabeth Wendlandt in deren Heimat in Pommern.5 1933 ziehen die beiden nach Spremberg in die Kesselstraße und bekommen zwei Kinder: einen Sohn, der 1933 im Alter von zwei Monaten eine evangelische Haustaufe von Pfarrer Huhn aus Berlin erhält, und 1937 einen zweiten Sohn.6
Werner eröffnet in Spremberg eine HNO-Praxis in der Dresdener Str. 42 und wird damit der erste ambulant tätige Spezialarzt. Schnell wächst sein Patientenstamm.7
Im NS-Regime werden Werners jüdische Wurzeln als Grund herangezogen, um seine Familie zu diskriminieren. Im Juli 1934 wird ihm die Zulassung zur Kassenarztpraxis entzogen. Etwa ein Jahr lang darf er keine Patienten behandeln und die Familie ist ohne einkommen. Im Anschluss wird die Behandlung teilweise wieder möglich, was auch mit dem zunehmenden Ärztemangel im Deutschen Reich zusammenhängt. Aber auch seinen 2. Vorsitz im Spremberger Ärzteverein muss er niederlegen, sein Radioapparat wird eingezogen und ab 1938 dürfen sich keine NSDAP-Mitglieder mehr von ihm behandeln lassen. Mehrfach marschieren in diesen Jahren SS-Leute vor der Wohnung der Joëls auf.8
Am 15. April 1939 unterschreiben einige mutige Spremberger Bürger, darunter Arbeiter, Pfarrer, Lehrer und Fabrikbesitzer, eine Petition, um Werner Joël und seine Praxis in Spremberg zu halten:
Herr Joël, der seit Jahren hier ansässig ist, erfreut sich einer ungewöhnlichen Beliebtheit. Überall steht er im Rufe eines sehr tüchtigen Arztes. Auch seine Menschenfreundlichkeit wird von allen Seiten gerühmt. Viele Kassenpatienten z.B., für welche die Krankenkasse infolge Aussteuerung die Behandlungskosten nicht mehr übernehmen konnte, hat er vollständig kostenlos bis zur völligen Heilung weiterbehandelt. An den Sorgen seiner Patienten nahm er über seine ärztliche Berufspflicht hinaus weitgehenden Anteil, wie man es selten findet.“9
Kurz vor Kriegsende flüchten Werner und Elisabeth mit ihren elf und acht Jahre alten Söhnen aus Spremberg. In Spremberg kursiert seit dieser Zeit das Gerücht, dass Werner Joël derjenige gewesen sei, der die Sprengung der Brücke zur Langen Straße verhindert haben soll, was Werner aber verneinte.
Gleich nach Kriegsende erreicht sie die Nachricht, dass in Spremberg dringend Hilfe in der medizinischen Versorgung benötigt wird und sie kehren zurück. Werner ist maßgeblich am Wiederaufbau des Krankenhauses in Spremberg beteiligt und wird dort erster Chefarzt. Mit dem Pferdewagen fährt er zwei Mal wöchentlich nach Bad Muskau und Weißwasser, um auch dort Menschen medizinisch zu versorgen. 1948 spendet er Teile seines Gehalts dem Wiederaufbau der Klinik und auch sein privates Instrumentarium stellt er kostenlos zur Verfügung.10
1954 verlassen die Joëls Spremberg und die DDR, weil nun ihren beiden Söhne wegen ihrer Zugehörigkeit zur christlichen Gemeinde im DDR-Regime diskriminiert werden.11
Zehn Tage nach seinem 94. Geburtstag stirbt Werner in Lemgo.12
03.12.1900 | Geburt – in Eschwege |
01.07.1918 | Notabitur in Hildesheim |
Jul-Okt 1918 | Soldat im Ersten Weltkrieg |
1919-1925 | Medizinstudium in Göttingen, Tübingen, München & Berlin |
30.09.1929 | Eheschließung – mit Elisabeth Wendlandt |
01.01.1930 | HNO-Facharztanerkennung |
21.10.1930 | Zuzug – nach Spremberg, Eröffnung HNO Praxis |
1932 | Promotion in Berlin |
1933 | Geburt – von einem Sohn |
Juli 1934 - Juli 1935 | Entziehung der Zulassung zur Kassenarztpraxis |
23.05.1937 | Geburt – von einem Sohn |
15.04.1939 | Petition von Sprembergern für den Erhalt der Praxis von Dr. Joël |
Anfang April 1945 | Flucht aus Spremberg |
ab Mai 1945 | Rückkehr nach Spremberg, medizinische Notversorgung, Wiederaufbau des Spremberger Krankenhauses, 1. Chefarzt |
01.03.1954 | Weggang – aus Spremberg wegen Diskriminierung im DDR-Regime |
Dresdener Straße 34 | Arbeitsort, Wohnort |
Kesselstraße | Wohnort |
03.12.1900 | Geburt – in Eschwege |
01.07.1918 | Notabitur in Hildesheim |
Jul-Okt 1918 | Soldat im Ersten Weltkrieg |
1919-1925 | Medizinstudium in Göttingen, Tübingen, München & Berlin |
30.09.1929 | Eheschließung – mit Elisabeth Wendlandt |
01.01.1930 | HNO-Facharztanerkennung |
21.10.1930 | Zuzug – nach Spremberg, Eröffnung HNO Praxis |
1932 | Promotion in Berlin |
1933 | Geburt – von einem Sohn |
Juli 1934 - Juli 1935 | Entziehung der Zulassung zur Kassenarztpraxis |
23.05.1937 | Geburt – von einem Sohn |
15.04.1939 | Petition von Sprembergern für den Erhalt der Praxis von Dr. Joël |
Anfang April 1945 | Flucht aus Spremberg |
ab Mai 1945 | Rückkehr nach Spremberg, medizinische Notversorgung, Wiederaufbau des Spremberger Krankenhauses, 1. Chefarzt |
01.03.1954 | Weggang – aus Spremberg wegen Diskriminierung im DDR-Regime |
Werner Fritz Herbert Joël kommt am 3. Dezember 1900 in Eschwege zur Welt.1 Sein Vater, Dr. Walter Joël, ist Jurist und als als Regierungsassessor und Finanzgerichtspräsident tätig. Vor Werners Geburt ist er vom Judentum zum Protestantismus konvertiert. Er und Werners Mutter, Elisabeth Mantius (ebenfalls evangelisch), leben später in Berlin und haben noch mindestens vier weitere Kinder, die sie alle evangelisch taufen lassen.2
In Hildesheim macht Werner 1918 Notabitur, da er noch in den Ersten Weltkrieg eingezogen werden soll. Dieser endet knapp fünf Jahre später und Werner überlebt.3
In Göttingen, Tübingen, München studiert Werner Medizin, und schließt das Studium 1925 in Berlin ab, wo er 1932 auch promoviert. Seinen Facharzt zum parktischen HNO Arzt macht er in Halberstadt, Essen und Rostock.4 Am letzten Tag des Jahres 1929 heiratet er die Kindergärtnerin Elisabeth Wendlandt in deren Heimat in Pommern.5 1933 ziehen die beiden nach Spremberg in die Kesselstraße und bekommen zwei Kinder: einen Sohn, der 1933 im Alter von zwei Monaten eine evangelische Haustaufe von Pfarrer Huhn aus Berlin erhält, und 1937 einen zweiten Sohn.6
Werner eröffnet in Spremberg eine HNO-Praxis in der Dresdener Str. 42 und wird damit der erste ambulant tätige Spezialarzt. Schnell wächst sein Patientenstamm.7
Im NS-Regime werden Werners jüdische Wurzeln als Grund herangezogen, um seine Familie zu diskriminieren. Im Juli 1934 wird ihm die Zulassung zur Kassenarztpraxis entzogen. Etwa ein Jahr lang darf er keine Patienten behandeln und die Familie ist ohne einkommen. Im Anschluss wird die Behandlung teilweise wieder möglich, was auch mit dem zunehmenden Ärztemangel im Deutschen Reich zusammenhängt. Aber auch seinen 2. Vorsitz im Spremberger Ärzteverein muss er niederlegen, sein Radioapparat wird eingezogen und ab 1938 dürfen sich keine NSDAP-Mitglieder mehr von ihm behandeln lassen. Mehrfach marschieren in diesen Jahren SS-Leute vor der Wohnung der Joëls auf.8
Am 15. April 1939 unterschreiben einige mutige Spremberger Bürger, darunter Arbeiter, Pfarrer, Lehrer und Fabrikbesitzer, eine Petition, um Werner Joël und seine Praxis in Spremberg zu halten:
Herr Joël, der seit Jahren hier ansässig ist, erfreut sich einer ungewöhnlichen Beliebtheit. Überall steht er im Rufe eines sehr tüchtigen Arztes. Auch seine Menschenfreundlichkeit wird von allen Seiten gerühmt. Viele Kassenpatienten z.B., für welche die Krankenkasse infolge Aussteuerung die Behandlungskosten nicht mehr übernehmen konnte, hat er vollständig kostenlos bis zur völligen Heilung weiterbehandelt. An den Sorgen seiner Patienten nahm er über seine ärztliche Berufspflicht hinaus weitgehenden Anteil, wie man es selten findet.“9
Kurz vor Kriegsende flüchten Werner und Elisabeth mit ihren elf und acht Jahre alten Söhnen aus Spremberg. In Spremberg kursiert seit dieser Zeit das Gerücht, dass Werner Joël derjenige gewesen sei, der die Sprengung der Brücke zur Langen Straße verhindert haben soll, was Werner aber verneinte.
Gleich nach Kriegsende erreicht sie die Nachricht, dass in Spremberg dringend Hilfe in der medizinischen Versorgung benötigt wird und sie kehren zurück. Werner ist maßgeblich am Wiederaufbau des Krankenhauses in Spremberg beteiligt und wird dort erster Chefarzt. Mit dem Pferdewagen fährt er zwei Mal wöchentlich nach Bad Muskau und Weißwasser, um auch dort Menschen medizinisch zu versorgen. 1948 spendet er Teile seines Gehalts dem Wiederaufbau der Klinik und auch sein privates Instrumentarium stellt er kostenlos zur Verfügung.10
1954 verlassen die Joëls Spremberg und die DDR, weil nun ihren beiden Söhne wegen ihrer Zugehörigkeit zur christlichen Gemeinde im DDR-Regime diskriminiert werden.11
Zehn Tage nach seinem 94. Geburtstag stirbt Werner in Lemgo.12
Dresdener Straße 34 | Arbeitsort, Wohnort |
Kesselstraße | Wohnort |
Archiv der Ahnenforschungsdatenbank ancestry.de:
Archiv der Kreuzkirche:
Stadtarchiv Spremberg:
Sekundärliteratur:
Internetseiten: