Max Heimann (1875-1954)

Max Heimann erblickt am 25. September 1875 in Halle an der Weser das Licht der Welt.1 Er wächst in Kassel auf. Seine Eltern sind der Kaufmann Israel Heimann und dessen Ehefrau Röschen geb. Putzrath. Auch Max wird Kaufmann und zieht nach Berlin. Dort lernt er die 23-jährige Erna Levy kennen, die wie er am Tiergarten wohnt. Max ist 15 Jahre älter als Erna, als die beiden am 11. November 1913 in Berlin heiraten. Im März 1915 kommt ihr erstes und einziges Kind zur Welt, Tochter Ursula.[^4]

Zu dieser Zeit baut Ernas Vater in Spremberg die Firma Ludwig Levy mit einer Tuchfabrik auf. 1921 stirbt er und das Erbe wird unter den vier Kindern aufgeteilt, während Ernas Mutter, Clara Levy, Gesellschafterin der Firma wird. Max und Erna entscheiden daraufhin, mit ihrer 6-jährigen Tochter Ursula nach Spremberg zu ziehen und wohnen fortan in einer Villa in der Wiesengasse 6.2 Dort zieht auch Ernas Bruder Fritz Levy mit ein. Gemeinsam leiten sie die erfolgreiche Firma, zu der drei Tuchfabriken in Spremberg gehören.3 Die Villa sanieren sie von Grund auf; bauen sie in zwei Fünfraumwohnungen und einer Dreiraumwohnung um und statten sie luxuriös aus. So gibt es zum Beispiel ein Bad, das komplett mit Marmor ausgekleidet wird.

Mit Beginn des NS-Regimes 1933 wird die Familie sofort in Schwierigkeiten gebracht. Vorerst versuchen sie, alle Geschäfte fortzuführen und sich den vielen neuen Bestimmungen anzupassen. 1935 übernimmt Erna die Aufgabe ihrer Mutter als Gesellschafterin der Firma. In diesem Jahr stellen sie sogar noch eine Haushaltshilfe ein: die Jüdin Henriette Fellinger, die in finanzielle Not geraten ist.

1937 werden Max und Erna Großeltern: ihre Enkeltochter Ruth kommt in Berlin zur Welt, wo Ursula mittlerweile geheiratet hat und mit ihrem Ehemann lebt. Zeitgleich zeichnet sich ab, dass die Fabrik in Spremberg nicht mehr gehalten werden kann. Die Familie muss den Firmensitz nach Berlin verlegen und zieht am 28. April 1938 aus Spremberg weg. Bis zu diesem Zeitpunkt teilten sie sich mehrere Jahre die Villa in der Wiesengasse mit dem Malermeister Willi Handrick und dem Postassistenten Friedrich Schwarigk.4

Ihre Tochter Ursula flieht noch 1938 mit Ehemann und Baby nach England und von dort nach Chile. In Deutschland erleben Max und Erna die Reichspogromnacht am 9. November 1938 mit. 10 Tage später wird die Firma Ludwig Levy im Zuge der Novemberpogrome gänzlich vom NS-Staat aufgelöst und im Handelsregister gelöscht.5

Max und Erna gelingt ebenfalls die Flucht. Sie verlassen Deutschland im Frühjahr 1939 und folgen ihrer Tochter nach Chile. Prompt wird in Deutschland ihr Konto gesperrt und das Vermögen gepfändet.6

1944 stirbt Erna in Santiago de Chile im Alter von 51 Jahren. Das Ende des Krieges erlebt sie nicht mit und erfährt auch nicht, welches Schicksal ihre anderen Familienangehörigen ereilt. Max und Ursula bleiben in Chile. Während Ursula die chilenische Staatsangehörigkeit erlangt, bleibt Max bis zu seinem Tod am 25. Juli 1954 ein Staatenloser.

[^4] Vgl. Archiv der Ahnenforschungsdatenbank ancestry.de, Berlin, Deutschland, Heiratsregister 1874-1936 für Weil-Heimann, Standesamt Berlin-Wilmersdorf, Nr. 727/1936.

  1. Vgl. Archiv der Ahnenforschungsdatenbank ancestry.de, Berlin, Deutschland, Heiratsregister 1874-1936 für Heimann-Levy, Standesamt Berlin VI, Nr. 976.
  2. Vgl. Stadtarchiv Spremberg, Spremberger Adressbücher von 1932 und 1936.
  3. Vgl. Niederlausitzer Verlag (Hrsg.), Übersichtsplan der Stadt Spremberg von 1925.
  4. Vgl. Stadtarchiv Spremberg, Spremberger Adressbücher von 1932 und 1936.
  5. Vgl. Landesarchiv Berlin, Wiedergutmachungsakte, B Rep. 025-08, Nr. 2537, 55.
  6. Vgl. Landesarchiv Berlin, Wiedergutmachungsakte, B Rep. 025-08, Nr. 2537, 55.
Max HeimannMax Heimann

kurz-Biografie

25.09.1875Geburt – Halle an der Weser
11.11.1913Eheschließung – mit Erna Levy in Berlin
05.03.1915Geburt – von Tochter Ursula in Berlin
1921Zuzug – nach Spremberg, Fabrikant in der Tuchfabrik Ludwig Levy
28.04.1938Weggang – aus Spremberg
19.11.1938Zwangsauflösung der Firma Ludwig Levy, Löschung im Grundbuch Spremberg
März 1939Flucht nach Chile, Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft
05.06.1939Verpfändung des Familiendepots zugunsten des Finanzamts Sprembergs (15.000 Reichsmark)
25.07.1954Todestag – in Santiago de Chile

Verbundene Personen

Heimann, ErnaEhefrau
Weil, UrsulaTochter
Levy, ClaraSchwiegermutter
Levy, FritzSchwager
Fellinger, HenrietteHaushaltshilfe

Verbundene Orte

WiesengasseWohnort, zukünftiger STOLPERSTEIN
GeorgenstraßeGewerbeeigentum
GartenstraßeGewerbeeigentum
ZedlitzstraßeGewerbeeigentum
Max HeimannMax Heimann

kurz-Biografie

25.09.1875Geburt – Halle an der Weser
11.11.1913Eheschließung – mit Erna Levy in Berlin
05.03.1915Geburt – von Tochter Ursula in Berlin
1921Zuzug – nach Spremberg, Fabrikant in der Tuchfabrik Ludwig Levy
28.04.1938Weggang – aus Spremberg
19.11.1938Zwangsauflösung der Firma Ludwig Levy, Löschung im Grundbuch Spremberg
März 1939Flucht nach Chile, Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft
05.06.1939Verpfändung des Familiendepots zugunsten des Finanzamts Sprembergs (15.000 Reichsmark)
25.07.1954Todestag – in Santiago de Chile

Max Heimann erblickt am 25. September 1875 in Halle an der Weser das Licht der Welt.1 Er wächst in Kassel auf. Seine Eltern sind der Kaufmann Israel Heimann und dessen Ehefrau Röschen geb. Putzrath. Auch Max wird Kaufmann und zieht nach Berlin. Dort lernt er die 23-jährige Erna Levy kennen, die wie er am Tiergarten wohnt. Max ist 15 Jahre älter als Erna, als die beiden am 11. November 1913 in Berlin heiraten. Im März 1915 kommt ihr erstes und einziges Kind zur Welt, Tochter Ursula.[^4]

Zu dieser Zeit baut Ernas Vater in Spremberg die Firma Ludwig Levy mit einer Tuchfabrik auf. 1921 stirbt er und das Erbe wird unter den vier Kindern aufgeteilt, während Ernas Mutter, Clara Levy, Gesellschafterin der Firma wird. Max und Erna entscheiden daraufhin, mit ihrer 6-jährigen Tochter Ursula nach Spremberg zu ziehen und wohnen fortan in einer Villa in der Wiesengasse 6.2 Dort zieht auch Ernas Bruder Fritz Levy mit ein. Gemeinsam leiten sie die erfolgreiche Firma, zu der drei Tuchfabriken in Spremberg gehören.3 Die Villa sanieren sie von Grund auf; bauen sie in zwei Fünfraumwohnungen und einer Dreiraumwohnung um und statten sie luxuriös aus. So gibt es zum Beispiel ein Bad, das komplett mit Marmor ausgekleidet wird.

Mit Beginn des NS-Regimes 1933 wird die Familie sofort in Schwierigkeiten gebracht. Vorerst versuchen sie, alle Geschäfte fortzuführen und sich den vielen neuen Bestimmungen anzupassen. 1935 übernimmt Erna die Aufgabe ihrer Mutter als Gesellschafterin der Firma. In diesem Jahr stellen sie sogar noch eine Haushaltshilfe ein: die Jüdin Henriette Fellinger, die in finanzielle Not geraten ist.

1937 werden Max und Erna Großeltern: ihre Enkeltochter Ruth kommt in Berlin zur Welt, wo Ursula mittlerweile geheiratet hat und mit ihrem Ehemann lebt. Zeitgleich zeichnet sich ab, dass die Fabrik in Spremberg nicht mehr gehalten werden kann. Die Familie muss den Firmensitz nach Berlin verlegen und zieht am 28. April 1938 aus Spremberg weg. Bis zu diesem Zeitpunkt teilten sie sich mehrere Jahre die Villa in der Wiesengasse mit dem Malermeister Willi Handrick und dem Postassistenten Friedrich Schwarigk.4

Ihre Tochter Ursula flieht noch 1938 mit Ehemann und Baby nach England und von dort nach Chile. In Deutschland erleben Max und Erna die Reichspogromnacht am 9. November 1938 mit. 10 Tage später wird die Firma Ludwig Levy im Zuge der Novemberpogrome gänzlich vom NS-Staat aufgelöst und im Handelsregister gelöscht.5

Max und Erna gelingt ebenfalls die Flucht. Sie verlassen Deutschland im Frühjahr 1939 und folgen ihrer Tochter nach Chile. Prompt wird in Deutschland ihr Konto gesperrt und das Vermögen gepfändet.6

1944 stirbt Erna in Santiago de Chile im Alter von 51 Jahren. Das Ende des Krieges erlebt sie nicht mit und erfährt auch nicht, welches Schicksal ihre anderen Familienangehörigen ereilt. Max und Ursula bleiben in Chile. Während Ursula die chilenische Staatsangehörigkeit erlangt, bleibt Max bis zu seinem Tod am 25. Juli 1954 ein Staatenloser.

[^4] Vgl. Archiv der Ahnenforschungsdatenbank ancestry.de, Berlin, Deutschland, Heiratsregister 1874-1936 für Weil-Heimann, Standesamt Berlin-Wilmersdorf, Nr. 727/1936.

  1. Vgl. Archiv der Ahnenforschungsdatenbank ancestry.de, Berlin, Deutschland, Heiratsregister 1874-1936 für Heimann-Levy, Standesamt Berlin VI, Nr. 976.
  2. Vgl. Stadtarchiv Spremberg, Spremberger Adressbücher von 1932 und 1936.
  3. Vgl. Niederlausitzer Verlag (Hrsg.), Übersichtsplan der Stadt Spremberg von 1925.
  4. Vgl. Stadtarchiv Spremberg, Spremberger Adressbücher von 1932 und 1936.
  5. Vgl. Landesarchiv Berlin, Wiedergutmachungsakte, B Rep. 025-08, Nr. 2537, 55.
  6. Vgl. Landesarchiv Berlin, Wiedergutmachungsakte, B Rep. 025-08, Nr. 2537, 55.

Verbundene Personen

Heimann, ErnaEhefrau
Weil, UrsulaTochter
Levy, ClaraSchwiegermutter
Levy, FritzSchwager
Fellinger, HenrietteHaushaltshilfe

Verbundene Orte

WiesengasseWohnort, zukünftiger STOLPERSTEIN
GeorgenstraßeGewerbeeigentum
GartenstraßeGewerbeeigentum
ZedlitzstraßeGewerbeeigentum

Quellenangaben

Landesarchiv Berlin:

  • Wiedergutmachungsakte, B Rep. 025-04, Nr. 4, WGA, 19010, 59.
  • Wiedergutmachungsakte Weil, Ursula u.a., B Rep. 025-08, Nr. 4003, 55.
  • Wiedergutmachungsakte, B Rep. 025-08, Nr. 2536, 55.
  • Wiedergutmachungsakte, B Rep. 025-08, Nr. 2537, 55.
  • Wiedergutmachungsakte, B Rep. 025-08, Nr. 2538, 55.

Brandenburgisches Landeshauptarchiv:

  • 6C Spremberg 56, Verkauf von Grundstücken jüdischer Bürger in Spremberg, 1938-1943.

Stadtarchiv Spremberg:

  • Spremberger Adressbücher von 1932 und 1936.

Archiv der Ahnenforschungsdatenbank ancestry.de:

  • Berlin, Deutschland, Heiratsregister 1874-1936 für Heimann-Levy, Standesamt Berlin VI, Nr. 976.
  • Berlin, Deutschland, Heiratsregister 1874-1936, Standesamt Berlin-Wilmersdorf, Nr. 727.
  • Berlin, Deutschland, Geburtsregister, 1874-1908 für Erna Levÿ, Standesamt Berlin IV a, 1838/1890 (Erstregister).
  • Berlin, Deutschland, Heiratsregister 1874-1936 für Levy-Lasar, Berlin IV b, 1926/719 (Erstregister).
  • Berlin, Deutschland, Heiratsregister 1874-1936 für Weil-Heimann, Standesamt Berlin-Wilmersdorf, Nr. 727/1936.
  • Großbritannien, Listen abreisender Passagiere, 1890-1960 für Ursula Sara Weil.

Sekundärliteratur:

  • Klaus Rebelsky: Die jüdischen Mitbürger von Spremberg, 59, in: Spremberger Kulturbund e.V./Stadtverwaltung Spremberg (Hrsg.): Heimatkalender 2002, Stadt Spremberg und Umgebung, Cottbus 2002.