Nachdem im März 1829 den “Friedländer Schutzjuden“ erlaubt wird, sich in anderen Städten in der Niederlausitz niederzulassen und Handel zu betreiben, zieht der jüdische Kaufmann Itzig Mosse (geboren als Isaac Moses, *1801 in Friedland) nach Spremberg. Er ist frisch verheiratet mit der 15-jährigen Fanny geb. Ball (*1815 in Czempien), wie es zu jener Zeit nach ihrer jüdischen Herkunft üblich ist. 1
Itzig und Fanny sind damit die ersten in Spremberg lebenden Juden, die bisher namentlich bekannt sind. Itzig betreibt sein Geschäft in der Lange Gasse (heute Lange Straße) mit einem breiten Angebot: Textilien, Bettfedern, Matjes-Heringe, exotische Nüsse und Citrusfrüchte, Pflanzensamen, eiserne Ringe für Fässer, Stiefeleisen, und mehr.2 Aus Zeitungsannoncen ist ersichtlich, dass sie ihr Geschäft an jüdischen Festtagen geschlossen halten.3
Bald darauf folgt Itzig sein Bruder Dr. Marcus Mosse nach Spremberg und wird hier als Wundarzt, Geburtshelfer, Kommunal- und Armenarzt tätig. 16 Monate später verlässt er die Stadt aber wieder aus unbekannten Gründen.4 Vielleicht sind es persönliche - kurz zuvor hat er seiner Nichte, Itzigs und Fannys Tochter Amanda, auf die Welt geholfen, die aber noch am selben Tag verstorben ist.5 Oder aber es liegt an der Akzeptanz in der Stadt.
1838 protestieren die Spremberger bei der Regierung in Frankfurt/Oder gegen das Wohnen von Itzig und Fanny Mosse in Spremberg.6 Was wohl acht Jahre nach deren Zuzug Anlass dazu gegeben hat? Der Protest wird mit folgender Begründung abgewiesen:
"Die Höhere Behörde [betrachtet] den Itzig Mosse nicht als Juden aus einer fremden Provinz, sondern als einen in der Niederlausitz eingebürgerten jüdischen Glaubensgenossen.“7
Die Eheleute Mosse haben mittlerweile schon drei Kinder in Spremberg bekommen und ein viertes wird noch folgen: Emmeline (*1832), Amanda (*1834), Salomon (*1836, kurz vor dessen Geburt Itzig offiziell der Königlichen Regierung bestätigung muss, dass er seinen Kindern keine christlichen Taufnamen geben wird) und Hulda (*1842).8
Zeitgleich mit der Geburt des letzten Kindes beantragt Itzig, das von ihm bewohnte Haus in der Leipziger Straße in Spremberg auch auf seinen Namen umschreiben zu lassen. Der Stadtrat lehnt das ab. Erst fünf Jahre später wird es ihm mit einem neuen Gesetz ermöglicht. So erhält Itzig Mosse 17 Jahre, nachdem er nach Spremberg zog, seinen Bürgerbrief überreicht. Sogleich wird er Mitglied des Armenunterstützungsvereins und bald darauf Stadtverordneter.9
In den 1860er Jahren bekommt Itzig größere gesundheitliche Beschwerden. Im Sommer 1864 fährt er mit seiner Frau Fanny und seinem selbst schwerkranken Bruder Marcus zur Kur ins Thermalbad Teplitz. Marcus stirbt im darauffolgenden Jahr.10
Während Itzigs und Fannys Töchter Emmeline und Hulda nach Forst und Berlin verzogen sind, bekommen sie über ihren Sohn Salomon in dieser Zeit drei Enkelkinder in Sprembegr: Emmeline (*1868, nach Salomons Schwester benannt, die kurz zuvor verstarb), Willy (*1870) und Georg (*1871). Salomon ist selbst als Kaufmann in Spremberg tätig und hat hier die Jüdin Sophie Schlesinger geheiratet.11
1872 erweitert Itzig sein Geschäft um ein Bank- und Wechselgeschäft und verlegt den Firmensitz auf sein Wohngrundstück in der Leipziger Straße. Im Zuge dessen wird Itzig zum Vetreter für die Preußische Hypotheken-Aktien-Bank und für die Mecklenburgische Hypotheken-Wechselbank in der Region Spremberg ernannt. Auch das Amt eines Königlichen Lotterie-Untereinnehmers und die Führung der Spremberger Agentur einer Feuer-Versicherungsgesellschaft werden ihm übertragen übertragen.12
Nicht lange drauf verlassen Itzig und Fanny Spremberg und ziehen etwa Ende 1873 nach Berlin. Wahrscheinlich, um im Alter und mit ihren gesundheitlichen Beschwerden, mehr Komfort und eine bessere Versorgung zu erhalten. Auch ihr Sohn Salomon folgt ihnen mit seiner Familie. Fanny Mosse stirbt 1874 im Alter von 59 Jahren und Itzig Mosse folgt ihr drei Monate später und fünf Tage nach seinem 74. Geburtstag. Sie werden nebeneinander auf dem jüdischen Friedhof in der Schönhauser Allee beigesetzt.13
Weiteres Schicksal der in Spremberg geborenen Familienmitglieder:
12.01.1801 | Geburt – von Isaac Moses in Friedland (Niederlausitz) |
03.08.1803 | Geburt – von Marcus Mosse in Friedland (Niederlausitz) |
1830 | Zuzug – von Itzig Mosse und Ehefrau Fanny geb. Ball nach Spremberg, Eröffnung eines Geschäfts |
22.05.1832 | Geburt – von Emmeline Mosse in Spremberg |
1833 | Zuzug – von Dr. Marcus Mosse nach Spremberg als Wundarzt, Geburtshelfer, Kommunal- und Armenarzt |
31.05.1834 | Geburt – von Amanda Mosse in Spremberg |
31.05.1834 | Todestag – von Amanda Mosse in Spremberg |
Ende 1834 | Weggang – von Dr. Marcus Mosse von Spremberg nach Grätz, Posen |
14.08.1836 | Itzig Mosse bestätigt der Regierung, dass er seinen Kindern keine christlichen Taufnamen geben wird. |
21.08.1836 | Geburt – von Salomon Mosse in Spremberg |
03.05.1838 | Protest der Spremberger gegen die Etablierung der Familie Mosse wird abgewiesen. |
03.06.1842 | Geburt – von Hulda Mosse in Spremberg |
Juni 1842 | Itzig Mosses Antrag, sein Wohnhaus auf seinen Namen umzuschreiben, wird vom Spremberger Stadtrat abgelehnt. |
16.08.1847 | Itzig Mosse erhält Bürgerbrief für Spremberg, wird Mitglied im Armenverein und Stadtrat |
01.01.1854 | Zuzug – von Therese und Leonore Mosse nach Spremberg zu ihrem Onkel Itzig Mosse |
01.07.1855 | Weggang – von Therese und Leonore Mosse aus Spremberg |
spätestens Dez 1864 | Weggang – von Hulda Mosse aus Spremberg |
08.12.1864 | Eheschließung – von Hulda Mosse und Max Oppenheim in Berlin |
23.07.1867 | Eheschließung – von Salomon Mosse und Sophie Schlesinger in Spremberg |
22.11.1867 | Todestag – von Emmeline Koeben geb. Mosse in Forst |
01.05.1868 | Geburt – von Emmeline Mosse in Spremberg |
Sommer 1869 | Zuzug – von Itzig Mosses Enkel Felix Koeben nach Spremberg, um die Realschule zu besuchen |
31.03.1870 | Geburt – von Willy Mosse in Spremberg |
28.09.1871 | Geburt – von Georg Mosse in Spremberg |
Oktober 1872 | Geschäftserweiterung von Itzig Mosse mit Bank- und Wechselgeschäft in Spremberg |
1873/1874 | Weggang – von Itzig und Fanny Mosse nach Berlin |
28.10.1874 | Todestag – von Fanny Mosse in Berlin |
Mitte/Ende 1874 | Weggang – von Salomon und Sophie Mosse mit drei Kindern nach Berlin |
17.01.1875 | Todestag – von Itzig Mosse in Berlin |
16.03.1875 | Eheschließung – von Hulda Oppenheim geb. Mosse mit Theodor Oppenheim in Berlin |
29.12.1888 | Todestag – von Salomon Mosse in Berlin |
16.04.1896 | Eheschließung – von Willy Mosse und Gertrud Pommer in Berlin |
04.01.1890 | Eheschließung – von Emmeline Mosse und Waldemar Ball in Berlin, 10 Jahre später Scheidung |
14.11.1901 | Todestag – von Hulda Oppenheim geb. Mosse in Berlin |
06.10.1903 | Eheschließung – von Emmeline Mosse und Karl Friedrich Häring in Berlin |
10.12.1921 | Eheschließung – von Georg Mosse und Elisabeth Promnitz in Berlin |
24.01.1931 | Todestag – von Georg Mosse in Berlin |
19.12.1939 | Todestag – von Willy Mosse in Berlin |
Schlesinger, Familie | angeheiratete Verwandte |
Lange Straße | Arbeitsort |
Leipziger Straße | Wohnort, Arbeitsort |
12.01.1801 | Geburt – von Isaac Moses in Friedland (Niederlausitz) |
03.08.1803 | Geburt – von Marcus Mosse in Friedland (Niederlausitz) |
1830 | Zuzug – von Itzig Mosse und Ehefrau Fanny geb. Ball nach Spremberg, Eröffnung eines Geschäfts |
22.05.1832 | Geburt – von Emmeline Mosse in Spremberg |
1833 | Zuzug – von Dr. Marcus Mosse nach Spremberg als Wundarzt, Geburtshelfer, Kommunal- und Armenarzt |
31.05.1834 | Geburt – von Amanda Mosse in Spremberg |
31.05.1834 | Todestag – von Amanda Mosse in Spremberg |
Ende 1834 | Weggang – von Dr. Marcus Mosse von Spremberg nach Grätz, Posen |
14.08.1836 | Itzig Mosse bestätigt der Regierung, dass er seinen Kindern keine christlichen Taufnamen geben wird. |
21.08.1836 | Geburt – von Salomon Mosse in Spremberg |
03.05.1838 | Protest der Spremberger gegen die Etablierung der Familie Mosse wird abgewiesen. |
03.06.1842 | Geburt – von Hulda Mosse in Spremberg |
Juni 1842 | Itzig Mosses Antrag, sein Wohnhaus auf seinen Namen umzuschreiben, wird vom Spremberger Stadtrat abgelehnt. |
16.08.1847 | Itzig Mosse erhält Bürgerbrief für Spremberg, wird Mitglied im Armenverein und Stadtrat |
01.01.1854 | Zuzug – von Therese und Leonore Mosse nach Spremberg zu ihrem Onkel Itzig Mosse |
01.07.1855 | Weggang – von Therese und Leonore Mosse aus Spremberg |
spätestens Dez 1864 | Weggang – von Hulda Mosse aus Spremberg |
08.12.1864 | Eheschließung – von Hulda Mosse und Max Oppenheim in Berlin |
23.07.1867 | Eheschließung – von Salomon Mosse und Sophie Schlesinger in Spremberg |
22.11.1867 | Todestag – von Emmeline Koeben geb. Mosse in Forst |
01.05.1868 | Geburt – von Emmeline Mosse in Spremberg |
Sommer 1869 | Zuzug – von Itzig Mosses Enkel Felix Koeben nach Spremberg, um die Realschule zu besuchen |
31.03.1870 | Geburt – von Willy Mosse in Spremberg |
28.09.1871 | Geburt – von Georg Mosse in Spremberg |
Oktober 1872 | Geschäftserweiterung von Itzig Mosse mit Bank- und Wechselgeschäft in Spremberg |
1873/1874 | Weggang – von Itzig und Fanny Mosse nach Berlin |
28.10.1874 | Todestag – von Fanny Mosse in Berlin |
Mitte/Ende 1874 | Weggang – von Salomon und Sophie Mosse mit drei Kindern nach Berlin |
17.01.1875 | Todestag – von Itzig Mosse in Berlin |
16.03.1875 | Eheschließung – von Hulda Oppenheim geb. Mosse mit Theodor Oppenheim in Berlin |
29.12.1888 | Todestag – von Salomon Mosse in Berlin |
16.04.1896 | Eheschließung – von Willy Mosse und Gertrud Pommer in Berlin |
04.01.1890 | Eheschließung – von Emmeline Mosse und Waldemar Ball in Berlin, 10 Jahre später Scheidung |
14.11.1901 | Todestag – von Hulda Oppenheim geb. Mosse in Berlin |
06.10.1903 | Eheschließung – von Emmeline Mosse und Karl Friedrich Häring in Berlin |
10.12.1921 | Eheschließung – von Georg Mosse und Elisabeth Promnitz in Berlin |
24.01.1931 | Todestag – von Georg Mosse in Berlin |
19.12.1939 | Todestag – von Willy Mosse in Berlin |
Nachdem im März 1829 den “Friedländer Schutzjuden“ erlaubt wird, sich in anderen Städten in der Niederlausitz niederzulassen und Handel zu betreiben, zieht der jüdische Kaufmann Itzig Mosse (geboren als Isaac Moses, *1801 in Friedland) nach Spremberg. Er ist frisch verheiratet mit der 15-jährigen Fanny geb. Ball (*1815 in Czempien), wie es zu jener Zeit nach ihrer jüdischen Herkunft üblich ist. 1
Itzig und Fanny sind damit die ersten in Spremberg lebenden Juden, die bisher namentlich bekannt sind. Itzig betreibt sein Geschäft in der Lange Gasse (heute Lange Straße) mit einem breiten Angebot: Textilien, Bettfedern, Matjes-Heringe, exotische Nüsse und Citrusfrüchte, Pflanzensamen, eiserne Ringe für Fässer, Stiefeleisen, und mehr.2 Aus Zeitungsannoncen ist ersichtlich, dass sie ihr Geschäft an jüdischen Festtagen geschlossen halten.3
Bald darauf folgt Itzig sein Bruder Dr. Marcus Mosse nach Spremberg und wird hier als Wundarzt, Geburtshelfer, Kommunal- und Armenarzt tätig. 16 Monate später verlässt er die Stadt aber wieder aus unbekannten Gründen.4 Vielleicht sind es persönliche - kurz zuvor hat er seiner Nichte, Itzigs und Fannys Tochter Amanda, auf die Welt geholfen, die aber noch am selben Tag verstorben ist.5 Oder aber es liegt an der Akzeptanz in der Stadt.
1838 protestieren die Spremberger bei der Regierung in Frankfurt/Oder gegen das Wohnen von Itzig und Fanny Mosse in Spremberg.6 Was wohl acht Jahre nach deren Zuzug Anlass dazu gegeben hat? Der Protest wird mit folgender Begründung abgewiesen:
"Die Höhere Behörde [betrachtet] den Itzig Mosse nicht als Juden aus einer fremden Provinz, sondern als einen in der Niederlausitz eingebürgerten jüdischen Glaubensgenossen.“7
Die Eheleute Mosse haben mittlerweile schon drei Kinder in Spremberg bekommen und ein viertes wird noch folgen: Emmeline (*1832), Amanda (*1834), Salomon (*1836, kurz vor dessen Geburt Itzig offiziell der Königlichen Regierung bestätigung muss, dass er seinen Kindern keine christlichen Taufnamen geben wird) und Hulda (*1842).8
Zeitgleich mit der Geburt des letzten Kindes beantragt Itzig, das von ihm bewohnte Haus in der Leipziger Straße in Spremberg auch auf seinen Namen umschreiben zu lassen. Der Stadtrat lehnt das ab. Erst fünf Jahre später wird es ihm mit einem neuen Gesetz ermöglicht. So erhält Itzig Mosse 17 Jahre, nachdem er nach Spremberg zog, seinen Bürgerbrief überreicht. Sogleich wird er Mitglied des Armenunterstützungsvereins und bald darauf Stadtverordneter.9
In den 1860er Jahren bekommt Itzig größere gesundheitliche Beschwerden. Im Sommer 1864 fährt er mit seiner Frau Fanny und seinem selbst schwerkranken Bruder Marcus zur Kur ins Thermalbad Teplitz. Marcus stirbt im darauffolgenden Jahr.10
Während Itzigs und Fannys Töchter Emmeline und Hulda nach Forst und Berlin verzogen sind, bekommen sie über ihren Sohn Salomon in dieser Zeit drei Enkelkinder in Sprembegr: Emmeline (*1868, nach Salomons Schwester benannt, die kurz zuvor verstarb), Willy (*1870) und Georg (*1871). Salomon ist selbst als Kaufmann in Spremberg tätig und hat hier die Jüdin Sophie Schlesinger geheiratet.11
1872 erweitert Itzig sein Geschäft um ein Bank- und Wechselgeschäft und verlegt den Firmensitz auf sein Wohngrundstück in der Leipziger Straße. Im Zuge dessen wird Itzig zum Vetreter für die Preußische Hypotheken-Aktien-Bank und für die Mecklenburgische Hypotheken-Wechselbank in der Region Spremberg ernannt. Auch das Amt eines Königlichen Lotterie-Untereinnehmers und die Führung der Spremberger Agentur einer Feuer-Versicherungsgesellschaft werden ihm übertragen übertragen.12
Nicht lange drauf verlassen Itzig und Fanny Spremberg und ziehen etwa Ende 1873 nach Berlin. Wahrscheinlich, um im Alter und mit ihren gesundheitlichen Beschwerden, mehr Komfort und eine bessere Versorgung zu erhalten. Auch ihr Sohn Salomon folgt ihnen mit seiner Familie. Fanny Mosse stirbt 1874 im Alter von 59 Jahren und Itzig Mosse folgt ihr drei Monate später und fünf Tage nach seinem 74. Geburtstag. Sie werden nebeneinander auf dem jüdischen Friedhof in der Schönhauser Allee beigesetzt.13
Weiteres Schicksal der in Spremberg geborenen Familienmitglieder:
Schlesinger, Familie | angeheiratete Verwandte |
Lange Straße | Arbeitsort |
Leipziger Straße | Wohnort, Arbeitsort |
Archiv des Niederlausitzer Heidemuseums:
Archiv der Ahnenforschungsdatenbank ancestry.de:
Sekundärliteratur: