Fritz Schulz erblickt am 10. Juli 1901 in Augustwalde das Licht der Welt. Er wächst im Kreis von 13 Geschwistern in ärmlichen Verhältnissen auf. Sein Vater ist Kutscher, seine Mutter als Magd tätig. Die große Familie zieht ständig um, getrieben von der Suche nach Arbeit und einer ausreichenden Bleibe. Fritz besucht die Volksschule, ist aktiver Radsportler, ist begabt im Schnitzen und macht eine Ausbildung zum Schlosser. Als er sein Elternhaus verlässt, wohnt die Familie gerade in Peitz.1
Im September 1924 heiratet er Martha Buchholz. Sie bekommen eine Tochter, Erna. Die Ehe wird zehn Jahre später geschieden.2
Ab 1926 ist er im Straßenbau tätig und kommt er im Zuge von Bauarbeiten nach Hoyerswerda. 1930 wird er Bergarbeiter in der Grube Brigitta und erhält eine Werkswohnung in Brigittenhof, einem Ortsteil von Terpe, im Bahnweg 28.3
Fritz verliebt sich in die junge Witwe Anna Rothenburg geb. Hannusch aus Terpe.4 Anna berichtet später:
“Seit 1932 lebte ich mit dem Schlosser Fritz Schulz aus Brigittenhof im gemeinsamen Haushalt. Aus dieser Lebensgemeinschaft entsprossen 4 Kinder. Von 1935-1937 wurde mein Bräutigam Fritz Schulz das erste Mal wegen Hochverrat zu Zuchthaus verurteilt. Nach seiner Entlassung erhielt er Heiratsverbot.“5
Die Verhaftung durch die Gestapo, von der Anna schreibt, geschieht, nachdem Fritz anlässlich der Hochzeit Hermann Görings im April 1935 Flugblätter verteilt, um über das NS-Regime aufzuklären. Dabei ist er illegal für die KPD tätig. An die Abraumwagen der Grube Brigitta soll er mit roter Farbe sinngemäß geschrieben haben: „Göring feiert Feste und das Volk hungert.“6 Kurz nach seiner Verhaftung kommt sein Sohn in Terpe zur Welt.7
Inhaftiert wird er im Zuchthaus Luckau. Als er 1937 entlassen wird, darf er nicht zur Arbeit in die Grube Brigitta zurückkehren und hat auch seine Wohnung verloren. Die Gemeinde Terpe erlaubt ihm, mal hier mal da sich einen Wohnschuppen aufzustellen, verweist ihn aber immer wieder des zuvor zugewiesenen Platzes. Zuletzt baut er sich 1938 auf dem Gelände des Kombinats Schwarze Pumpe ein Gartenhäuschen. Es wird 1945 bei den Kampfhandlungen um Spremberg ausbrennen.8
Arbeit findet er jeweils ein paar Monate am Stück beim Steinmetz August Lamm in Spremberg, beim Baugeschäft Artur Scholz in Trattendorf, beim Kieswerk in Gosda, und dann noch mal vier Jahre als Hilfsschlosser bei Adolph Gosdan. Im Januar 1943 erhalten Fritz und Anna endlich die Heiratsgenehmigung. Ihr Aufgebot wird ausgehängt. Kurz darauf wird Fritz zum zweiten Mal verhaftet, dieses Mal mit der Anklage Wehrkraftzersetzung und Vorbereittung zum Hochverrat und einer Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Gefängnis. Er wird ins Zuchthaus Brandenburg-Görden eingeliefert.9
Drei Mal täglich gibt es dort einen Toilettengang, sonst nur den Nachttopf auf der Zelle. Einmal am Tag darf Fritz für 15 Minuten in den Hof, um frische Luft zu schnappen. Alle vier Wochen darf er besucht werden, alle sechs Wochen Post erhalten und selbst einen Brief nach Hause schicken. Davon sind einige Zeilen erhalten, der erste noch aus dem Untersuchungsgefängnis in Cottbus. Wie es ihm wirklich geht, darf er nicht erzählen, aber dass er seine Verlobte und seine Kinder vermisst, wird deutlich.
"Ihr lieben Alle. Liebe Mama! Ich muß dich doch noch mal von hier aus [Cottbus] benachrichtigen. Nehme an, daß ich noch 4-5 Wochen hier bleibe [...]. Nun liebe Mama sei doch bitte so gut und schicke mit ein Hemd aber ein weißes, und 2 Paar Strümpfe. Von der Anstalt aus gibt es keine über Sommer, aber wo ich arbeite ist es ohne Strümpfe zu kalt. [...] Was machen die Kinder, sind sie wieder einigermaßen gesund, oder liegen sie noch? [...] Habt ihr das Dach schon gemacht? Was macht das Heu? Holz? Was sagt Max und Otto jetzt zu der haggelei? Ist der Frau Engwer ihr Sohn nun gefallen, oder war es blinder Alarm? Füttert den Hund gut, denn ihr werdet ihn noch viel brauchen. Nun liebe Mama macht euch meinethalben keine Gedanken, denn es geht alles vorüber.
~
Am 27. Juli kam ich von Cottbus nach Berlin und traf hier am 29. ein. Arbeite als Dreher, gefällt mir gut. Max seinen Brief habe ich nicht erhalten, er muß ruhiger werden. Den Kindern ihre Briefe erhalten. Bin sonst über alles informiert. Das nächste Mal schreibe ich am 29.1.44. ist Vorschrift! Wieviel Kirschen abgemacht? Schreiben wie sonst. Kinder sollen recht fleißig schreiben.
Wenn die Behandlung überall so ist wie hier, dann ist es gut. Ich werde meine Pflicht schon tun. Gitta und Walter sollen recht fleißig sein und auch mal schreiben sowie Elli und Erna. Viele Grüße an euch alle sowie an Max, Otto, Vater und alle Bekannte. Laß mich nicht so lange warten. Gruß an Natchen und Rosa.“
~
Görden, 16.1.44
Ihr lieben Alle. Wieder sind 6 Wochen dahin gegangen und ich bin in der Lage ein Zeichen von mir zu geben. Bin gesund und munter. Hoffe dasselbe von Euch auch, welches mir Willi in seinem Brief vom 12.1. bestätigt hat.“10
Im September 1944 bekommt er zum letzten Mal Besuch. Es ist seine Stieftochter, die später erzählt, er sei vom Sieg der Roten Armee überzeugt gewesen und habe vermutet, im Frühjahr 1945 dadurch frei zu kommen. Doch Fritz erlebt das Kriegsende nicht mehr.11
Sein Leben endet am 1. Februar 1945 im Gefängnis Brandenburg-Görden, angeblich stirbt er an Tuberkulose. Er ist 43 Jahre alt.12 Binnen zweier Tage soll die Familie Nachricht geben, ob sie die Leiche abholen wollen. Dazu kommt es nicht. Er wird eingeäschert und in Brandenburg-Görden beigesetzt. Nach Kriegsende holt die Familie die Urne auf den Friedhof nach Pumpe. Der Familienname seiner Verlobten Anna und seiner vier Kinder wird nachträglich zu Schulz geändert.13
1960 erhielt Fritz Schulz ein Denkmal in Brigittenhof, mittlerweile Schwarze Pumpe.14
10.07.1901 | Geburt – in Augustwalde |
1907-1915 | Volksschule |
1915-1917 | Schlosserlehre |
27.09.1924 | Eheschließung – mit Martha Buchholz |
24.10.1924 | Geburt – von Tochter Erna |
1926-1930 | Straßenbauvorarbeiter |
1930 | Zuzug – nach Brigittenhof/Terpe, Arbeiter in der Grube Brigitta |
11.05.1932 | Geburt – einer Tochter in Brigittenhof |
06.06.1934 | Scheidung von Martha geb. Buchholz |
1935 | illegal für die KPD-Ortgruppe Brigittenhof tätig, verteilt Flugblätter |
1935-1937 | Verhaftung in Brigittenhof durch die Gestapo, Verurteilung: zweieinhalb Jahre Zuchthaus Luckau |
14.05.1935 | Geburt – eines Sohnes in Terpe |
28.07.1937 | Entlassung aus dem Zuchthaus Luckau, Rückkehr nach Brigittenhof, erhält keine Wohnung mehr & keine Heiratsgenehmigung |
30.08.1938 | Geburt – einer Tochter in Brigittenhof |
09.08.1942 | Geburt – einer Tochter in Terpe |
Januar 1943 | erhält Heiratsgenehmigung mit Anna Rothenburg, mit der er vier Kinder hat |
1943 | 2. Verhaftung, Untersuchungsgefängnis Cottbus, Anklage: Wehrkraftzersetzung und Vorbereitung zum Hochverrat, Verurteilung: dreieinhalb Jahre Zuchthaus |
1943-1945 | Haft im Zuchthaus Brandenburg-Görden |
01.02.1945 | Todestag – Ermordung im Zuchthaus Brandenburg-Görden |
30.09.1960 | Einweihung eines Gedenksteins für ihn in Pumpe |
Brigittenhof (Pumpe/Terpe) | letzter Wohnort, zukünftiger STOLPERSTEIN |
10.07.1901 | Geburt – in Augustwalde |
1907-1915 | Volksschule |
1915-1917 | Schlosserlehre |
27.09.1924 | Eheschließung – mit Martha Buchholz |
24.10.1924 | Geburt – von Tochter Erna |
1926-1930 | Straßenbauvorarbeiter |
1930 | Zuzug – nach Brigittenhof/Terpe, Arbeiter in der Grube Brigitta |
11.05.1932 | Geburt – einer Tochter in Brigittenhof |
06.06.1934 | Scheidung von Martha geb. Buchholz |
1935 | illegal für die KPD-Ortgruppe Brigittenhof tätig, verteilt Flugblätter |
1935-1937 | Verhaftung in Brigittenhof durch die Gestapo, Verurteilung: zweieinhalb Jahre Zuchthaus Luckau |
14.05.1935 | Geburt – eines Sohnes in Terpe |
28.07.1937 | Entlassung aus dem Zuchthaus Luckau, Rückkehr nach Brigittenhof, erhält keine Wohnung mehr & keine Heiratsgenehmigung |
30.08.1938 | Geburt – einer Tochter in Brigittenhof |
09.08.1942 | Geburt – einer Tochter in Terpe |
Januar 1943 | erhält Heiratsgenehmigung mit Anna Rothenburg, mit der er vier Kinder hat |
1943 | 2. Verhaftung, Untersuchungsgefängnis Cottbus, Anklage: Wehrkraftzersetzung und Vorbereitung zum Hochverrat, Verurteilung: dreieinhalb Jahre Zuchthaus |
1943-1945 | Haft im Zuchthaus Brandenburg-Görden |
01.02.1945 | Todestag – Ermordung im Zuchthaus Brandenburg-Görden |
30.09.1960 | Einweihung eines Gedenksteins für ihn in Pumpe |
Fritz Schulz erblickt am 10. Juli 1901 in Augustwalde das Licht der Welt. Er wächst im Kreis von 13 Geschwistern in ärmlichen Verhältnissen auf. Sein Vater ist Kutscher, seine Mutter als Magd tätig. Die große Familie zieht ständig um, getrieben von der Suche nach Arbeit und einer ausreichenden Bleibe. Fritz besucht die Volksschule, ist aktiver Radsportler, ist begabt im Schnitzen und macht eine Ausbildung zum Schlosser. Als er sein Elternhaus verlässt, wohnt die Familie gerade in Peitz.1
Im September 1924 heiratet er Martha Buchholz. Sie bekommen eine Tochter, Erna. Die Ehe wird zehn Jahre später geschieden.2
Ab 1926 ist er im Straßenbau tätig und kommt er im Zuge von Bauarbeiten nach Hoyerswerda. 1930 wird er Bergarbeiter in der Grube Brigitta und erhält eine Werkswohnung in Brigittenhof, einem Ortsteil von Terpe, im Bahnweg 28.3
Fritz verliebt sich in die junge Witwe Anna Rothenburg geb. Hannusch aus Terpe.4 Anna berichtet später:
“Seit 1932 lebte ich mit dem Schlosser Fritz Schulz aus Brigittenhof im gemeinsamen Haushalt. Aus dieser Lebensgemeinschaft entsprossen 4 Kinder. Von 1935-1937 wurde mein Bräutigam Fritz Schulz das erste Mal wegen Hochverrat zu Zuchthaus verurteilt. Nach seiner Entlassung erhielt er Heiratsverbot.“5
Die Verhaftung durch die Gestapo, von der Anna schreibt, geschieht, nachdem Fritz anlässlich der Hochzeit Hermann Görings im April 1935 Flugblätter verteilt, um über das NS-Regime aufzuklären. Dabei ist er illegal für die KPD tätig. An die Abraumwagen der Grube Brigitta soll er mit roter Farbe sinngemäß geschrieben haben: „Göring feiert Feste und das Volk hungert.“6 Kurz nach seiner Verhaftung kommt sein Sohn in Terpe zur Welt.7
Inhaftiert wird er im Zuchthaus Luckau. Als er 1937 entlassen wird, darf er nicht zur Arbeit in die Grube Brigitta zurückkehren und hat auch seine Wohnung verloren. Die Gemeinde Terpe erlaubt ihm, mal hier mal da sich einen Wohnschuppen aufzustellen, verweist ihn aber immer wieder des zuvor zugewiesenen Platzes. Zuletzt baut er sich 1938 auf dem Gelände des Kombinats Schwarze Pumpe ein Gartenhäuschen. Es wird 1945 bei den Kampfhandlungen um Spremberg ausbrennen.8
Arbeit findet er jeweils ein paar Monate am Stück beim Steinmetz August Lamm in Spremberg, beim Baugeschäft Artur Scholz in Trattendorf, beim Kieswerk in Gosda, und dann noch mal vier Jahre als Hilfsschlosser bei Adolph Gosdan. Im Januar 1943 erhalten Fritz und Anna endlich die Heiratsgenehmigung. Ihr Aufgebot wird ausgehängt. Kurz darauf wird Fritz zum zweiten Mal verhaftet, dieses Mal mit der Anklage Wehrkraftzersetzung und Vorbereittung zum Hochverrat und einer Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Gefängnis. Er wird ins Zuchthaus Brandenburg-Görden eingeliefert.9
Drei Mal täglich gibt es dort einen Toilettengang, sonst nur den Nachttopf auf der Zelle. Einmal am Tag darf Fritz für 15 Minuten in den Hof, um frische Luft zu schnappen. Alle vier Wochen darf er besucht werden, alle sechs Wochen Post erhalten und selbst einen Brief nach Hause schicken. Davon sind einige Zeilen erhalten, der erste noch aus dem Untersuchungsgefängnis in Cottbus. Wie es ihm wirklich geht, darf er nicht erzählen, aber dass er seine Verlobte und seine Kinder vermisst, wird deutlich.
"Ihr lieben Alle. Liebe Mama! Ich muß dich doch noch mal von hier aus [Cottbus] benachrichtigen. Nehme an, daß ich noch 4-5 Wochen hier bleibe [...]. Nun liebe Mama sei doch bitte so gut und schicke mit ein Hemd aber ein weißes, und 2 Paar Strümpfe. Von der Anstalt aus gibt es keine über Sommer, aber wo ich arbeite ist es ohne Strümpfe zu kalt. [...] Was machen die Kinder, sind sie wieder einigermaßen gesund, oder liegen sie noch? [...] Habt ihr das Dach schon gemacht? Was macht das Heu? Holz? Was sagt Max und Otto jetzt zu der haggelei? Ist der Frau Engwer ihr Sohn nun gefallen, oder war es blinder Alarm? Füttert den Hund gut, denn ihr werdet ihn noch viel brauchen. Nun liebe Mama macht euch meinethalben keine Gedanken, denn es geht alles vorüber.
~
Am 27. Juli kam ich von Cottbus nach Berlin und traf hier am 29. ein. Arbeite als Dreher, gefällt mir gut. Max seinen Brief habe ich nicht erhalten, er muß ruhiger werden. Den Kindern ihre Briefe erhalten. Bin sonst über alles informiert. Das nächste Mal schreibe ich am 29.1.44. ist Vorschrift! Wieviel Kirschen abgemacht? Schreiben wie sonst. Kinder sollen recht fleißig schreiben.
Wenn die Behandlung überall so ist wie hier, dann ist es gut. Ich werde meine Pflicht schon tun. Gitta und Walter sollen recht fleißig sein und auch mal schreiben sowie Elli und Erna. Viele Grüße an euch alle sowie an Max, Otto, Vater und alle Bekannte. Laß mich nicht so lange warten. Gruß an Natchen und Rosa.“
~
Görden, 16.1.44
Ihr lieben Alle. Wieder sind 6 Wochen dahin gegangen und ich bin in der Lage ein Zeichen von mir zu geben. Bin gesund und munter. Hoffe dasselbe von Euch auch, welches mir Willi in seinem Brief vom 12.1. bestätigt hat.“10
Im September 1944 bekommt er zum letzten Mal Besuch. Es ist seine Stieftochter, die später erzählt, er sei vom Sieg der Roten Armee überzeugt gewesen und habe vermutet, im Frühjahr 1945 dadurch frei zu kommen. Doch Fritz erlebt das Kriegsende nicht mehr.11
Sein Leben endet am 1. Februar 1945 im Gefängnis Brandenburg-Görden, angeblich stirbt er an Tuberkulose. Er ist 43 Jahre alt.12 Binnen zweier Tage soll die Familie Nachricht geben, ob sie die Leiche abholen wollen. Dazu kommt es nicht. Er wird eingeäschert und in Brandenburg-Görden beigesetzt. Nach Kriegsende holt die Familie die Urne auf den Friedhof nach Pumpe. Der Familienname seiner Verlobten Anna und seiner vier Kinder wird nachträglich zu Schulz geändert.13
1960 erhielt Fritz Schulz ein Denkmal in Brigittenhof, mittlerweile Schwarze Pumpe.14
Brigittenhof (Pumpe/Terpe) | letzter Wohnort, zukünftiger STOLPERSTEIN |
Brandenburgisches Landeshauptarchiv:
Archiv Heimatmuseum des Kreises Spremberg: